Die Welt ist voller Schmerz. An manchen Tagen kann ich es kaum aushalten, dies zu sehen und zu fühlen.
Jedes Trauma, jede Verletzung, jede Demütigung und jede Zurückweisung hinterlassen Schmerz. Und Schmerz kann zu Leiden werden.
Schmerz will uns etwas zeigen.
Er sagt: „Hier, das tut weh! Kümmere dich darum!“
Ignorieren wir den Schmerz lange genug,
verwandelt er sich in Leiden.
Wir leiden an uns selbst.
Wir leiden am Leben.
Wir leiden in unserem Körper.
Und der Schmerz sitzt weiter in uns. Und wird größer.
Mir wird immer bewusster, dass jeder Schmerz das Potential hat,
weitergegeben zu werden.
Von Generation zu Generation.
Von Mensch zu Mensch.
In unseren Beziehungen.
Manchmal auch in unseren Alltagsbegegnungen.
Wenn wir uns hart und fest machen, um den eigenen Schmerz nicht zu fühlen, verändert sich unsere Haltung der Welt und anderen Menschen gegenüber.
Heilung vollzieht sich in Zyklen.
Wir begegnen unseren Schmerzen und alten Erfahrungen in immer neuen Facetten.
Im vergangenen Jahr konnte ich noch einmal fühlen, wie schlimm es für mich als Kind war, mit meiner Liebe nicht ankommen zu können.
Dass niemand in meiner Familie diese Liebe, diese große unschuldige Liebe, haben wollte. Niemand war fähig, meine Liebe anzunehmen und sich an mir zu erfreuen.
Mir war immer klar, wie schlimm es ist, sich nicht geliebt zu fühlen. Doch mir war das Ausmaß an Schmerz nicht klar, wie es, ist mit der eigenen Liebe nicht landen zu dürfen.
Als Kinder sind wir so zart, so verletzlich und gleichzeitig so bedingungslos und unerschütterlich in unserer Liebe. Wir geben alles, was wir haben. Wir sind offen und tragen unser Herz vor uns her. Immer und immer wieder.
So viele von uns gehen schwer verwundet aus ihr Kindheit. Trauma bedeutet „Wunde“ und diese Wunden sind oft tief. Sie sind so tief, dass sie unser ganzes Leben beeinflussen. Sie führen dazu, dass viele sich den Rest ihres Lebens vor anderen Menschen schützen wollen.
Diese Wunden können dazu führen, dass wir uns verschließen – nicht nur vor der Schönheit dieser Welt und unserer eigenen Berührbarkeit.
Wir verschließen uns oft auch vor dem Schmerz. Wir wollen ihn nicht fühlen. Und dadurch geben wir ihn weiter.
Wir verschließen uns oft vor dem Schmerz.
Wir wollen ihn nicht fühlen.
Und dadurch geben wir ihn weiter.
Vor Jahren habe ich den Film „Dämon“ geschaut. In diesem Film wurde ein Dämon durch Berührung weitergegeben und sprang so von Mensch zu Mensch. So ungefähr nehme ich inzwischen Trauma wahr. Trauma ist Schmerz und Einsamkeit.
Das Problem ist, dass wir diesen Schmerz weitergeben, wenn wir ihn selbst nicht fühlen wollen. Deshalb haben sich unsere Eltern und Bezugspersonen so verhalten, wie sie das getan haben.
Sie haben sich verschlossen und waren dann so hart, manchmal grausam und unerreichbar für uns.
Tragen Menschen viel Schmerz in sich, dann sind die Liebe und Verletzlichkeit, wie sie Kinder mitbringen, oft nicht auszuhalten. Es berührt ihre eigene Wunde. Diese droht aufzubrechen, wenn sie sich auf Liebe und Zartheit einlassen. Sie wehren ihre Gefühle von Schmerz ab und müssen damit auch die Liebe abwehren.
Manche Menschen tun dies ihr Leben lang.
Es gibt Menschen, die mutig sind und sich dem Schmerz in ihnen stellen.
Sie übernehmen die Verantwortung für ihren Schmerz und ihr Verhalten.
Wo auch immer der Schmerz herkommt, heute sind wir für ihn
und unseren Umgang damit verantwortlich.
Niemand kann uns (leider) diese Bürde abnehmen.
Unser Schmerz braucht es, gesehen zu werden.
Indem wir ihn annehmen, geben wir ihm ein Zuhause.
Wir können ihn und die Ursachen neu betrachte und sehen, wie unschuldig wir waren.
So kann er zu Trauer und Mitgefühl werden und unsere Tränen lassen uns wieder auftauen.
Verdrängter Schmerz hat einen hohen Preis.
Er wird zu Leiden, zu Angst oder Wut.
Wenn wir nicht nach innen schauen wollen,
in die eigene Dunkelheit,
dann suchen wir die Gründe im Außen.
Wir suchen und suchen die Ursache unseres Leidens und unserer Angst und Wut.
Wir projizieren diese Gefühle auf andere Menschen im Heute.
Dadurch fangen wir oft an zu urteilen, zu verletzen, uns zurückzuziehen und uns unerreichbar zu machen.
Wir werden manchmal das, was wir nie werden wollten. Wir werden hart und verursachen Schmerzen in anderen.
Oft verletzen wir sogar gerade die Menschen, die uns am nächsten sind.
Die Welt ist immer mehr voller Angst und Wut.
Weil so viele Menschen den Schmerz nicht fühlen wollen.
So geben wir ihn weiter und weiter.
Leiden trennt.
Schmerz schreit nach Hilfe.
Unsere Leben werden immer unverbundener.
Wir sind nicht mehr in Resonanz, weil wir uns selbst kaum spüren.
Wenn wir den Schmerz in uns nicht heilen, dann trennen wir uns von uns selbst.
Wir fühlen unsere Körper nicht.
Wir fühlen die Verbindung zu anderen Menschen kaum.
Wir verlieren unsere Heimat in uns selbst.
In unserer Gesellschaft
Und als Teil dieser Erde.
Wir verschließen uns oft vor dem Schmerz.
Wir wollen ihn nicht fühlen.
Und dadurch geben wir ihn weiter.
Wir fallen ins Leere.
Und kämpfen. Oder lenken uns ab. Oder leiden.
Manche stumm. Manche laut.
Auch Scham und Schuld und Selbsthass hindern uns an diesem Prozess.
Sie verhindern Mitgefühl mit uns selbst.
Sie verhindern, dass der Schmerz nach Hause kommen kann.
Es ist schwer, durch die zahlreichen Muster, die uns von uns selbst trennen, zu gehen.
Es tut weh. Immer wieder.
Manchmal brauchen wir dabei eine Hand.
Einen Arm, der sich um uns legt.
Eine Stimme, die uns sagt, wie unschuldig wir waren.
So können wir uns Schritt für Schritt unserem Schmerz stellen.
Und die Kälte, die Wut und den Schmerz nicht weitergeben.
Dieser Prozess braucht Mut.
Mut ist nicht die Freiheit von Angst und Schmerz!
Das ist die wahre Heldenreise des Lebens,
auf der wir in unsere Abgründe tauchen,
um uns selbst wiederzufinden –
und unsere Liebe,
die Verbundenheit,
unsere Lebendigkeit und Freude
wieder ans Licht zu holen.
Damit wir heilen können und mit uns ein kleines bisschen auch diese Welt.
So können wir die Sonne wieder auf unserer Haut fühlen,
die Schönheit der Welt wieder spüren.
Und haben wieder die Energie, uns in die Welt einzubringen
Und anderen die Hand zu reichen.
Stell dir vor, dass der Schmerz in allen Menschen
wieder ein Zuhause findet.
Tränen fließen können und die Wut weggeschwemmt wird.
Herzen wieder auftauen.
Und sich Wut, Angst und Ablehnung
in Liebe und Berührbarkeit verwandelt.
Wir alle brauchen Unterstützung.
Wir alle suchen Wertschätzung
und Zugehörigkeit und Zuneigung.
Oder gar Liebe.
Ich wünsche mir so sehr, dass wir uns die Hände reichen
und aufhören zu verurteilen, was wir nicht kennen
oder was uns fremd ist.
Niemand von uns kann alleine leben oder gar glücklich sein.
Wir brauchen einander.
Nur vereint werden wir die Herausforderungen lösen können, vor der die Menschheit steht. Nur gemeinsam können wir wieder nach Hause finden und unseren Platz in der Gemeinschaft aller Lebewesen annehmen.
Lasst uns jeden Tag ein wenig mehr nach Hause kommen
und mehr Freundlichkeit, Verbundenheit und Licht in diese Zeit bringen.